Mann – sieht gut aus.

Endlich weiß ich, wer ich bin.
Die Firma Engbers hat es mir gesagt.

Da flattert mir ein kleiner Prospekt der Firma Engbers ins Haus.
Durchstarten – sieht gut aus, lese ich.
Vorne drauf ein smarter Mann auf einem Mofa oder so.
Ende Zwanzig, vermute ich.
Drei-Tagebart, dichtes, krauses Haar, sympathisch lächelnd.
So weit, so gut.

durchstarten

Ich schlage auf.
Mein Blick fällt wieder auf den Herrn.
Lässig mit Lederjacke, eine Frau im Arm.
In großen Buchstaben:
Vertrauen – sieht gut aus.
Klein geschrieben heißt es weiter:
Männer haben sie: diese gewisse Sicherheit. Sie liegt in ihrer Natur. Sie strahlen sie aus und zeigen damit, dass sie Herr der Lage sind. Und darauf ist Verlass.

Ich muss fast laut lachen.
Neugierig schaue ich weiter.
Auf dem nächsten Bild ist der gute Mann allein in der Steppe.
Ankommen – sieht gut aus, lese ich.
Und weiter:
Männer brauchen keine großen Inszenierungen um begeistert zu sein. Oft sind es die kleinen Augenblicke, die viel bewegender sind: Ruhe Natur – und das Gefühl, sich in seiner Haut wohl zu fühlen.

Aber es kommt noch schlimmer.
Auf der nächsten Seite ist er wieder mit der (?) Frau.
Gemeinsam – sieht gut aus, heißt es diesmal.
Und ich lese:
Die Macher von heute: das sind Männer, die das leben alleine meistern könnten. Aber warum alleine? Mit dem richtigen Partner kann man das Leben nicht nur meistern, sondern richtig genießen.

Partner?
Wo denn, ich sehe nur eine Frau.
Aber mein Blick ist schon zum letzten Motiv weitergewandert.
Durchatmen – sieht gut aus.
Smart sitzt er einmal in Lederjacke, dann im Shirt da.
Schaut mir genau in die Augen.
Und sagt mir so:
Wasser ist immer in Bewegung genau wie die Männer von heute. Umso wichtiger ist es im richtigen Moment stehen zu bleiben und durchzuatmen.

Abschließend darf er dann in Siegerpose auf einem Board stehen und das Paddel in die Höhe halten.
Das lila Shirt ist ganz nass, dass soll Werbung sein?
Ach richtig, Werbung …!
Die Preise der Klamotten habe ich glatt übersehen.
Die sind aber auch ziemlich klein abgedruckt.

Ich fasse zusammen:
Der Mann von heute ist ein einsamer Macher, der es aber auch zu zweit kann.
Er hat viel zu tun, ist immer in Bewegung.
Macht aber nix, er strahlt Sicherheit aus und lässt sich durch kleine Dinge begeistern.
Große Inszenierungen braucht er nicht, weil er eine einzige Inszenierung ist.
Äh, Moment, das stand doch gar nicht da?
Passt aber irgendwie finde ich.

Ich habe mir lange keine Werbung mehr so intensiv angeschaut.
Und mann könnte viel dazu schreiben.
Aber nein, mache ich nicht.
Es fehlt doch noch so viel.
Deswegen finde ich es reizvoller, weiter zu dichten.
Etwa so:

Siegen – sieht gut aus.
Konkurrenz, darin lebt der Mann von heute. Der Kampf ist ihm wichtig. Mit Leichtigkeit setzt er sich durch. Er liebt das Gefühl des Rausches. Die Belohnung ist ihm sicher, der bewundernde Blick der Frauen, die Boni, manchmal auch das Fahrverbot wegen zu schnellem Fahren.

Sauber machen – sieht gut aus.
Treppe wischen, Sofa saugen, Staub wedeln? Hausarbeit ist kein Problem für den Mann des 21. Jahrhunderts. Klare Absprachen mit dem Partner, Pardon, der Partnerin sind ihm selbstverständlich. Wer Dreck macht, macht ihn auch weg. Wir sind doch nicht von gestern.

Wach bleiben – sieht gut aus.
Cool sitzt er da in der Küche, das Baby auf dem Arm, die Flasche im Mund (des Babys), der duftende Kaffee auf dem Tisch. Der Vater von heute träumt beim ersten Licht des neuen Tages und lauscht den Vögeln, bis sich ein neuer Geruch ausbreitet. „Schatz?!“

Standfestigkeit – sieht gut aus.
Sich nicht beirren lassen. Den eigenen Weg verfolgen. Der Blick ist sowohl in die Ferne gerichtet als auch auf das Problem vor Ort. Härte, Stärke und Ausdauer sind gefragt. Den Mann der Tat kennt kein Zurück. Und wenn er doch mal schwächelt, dafür gibt’s ja Viagra.

Weinen – sieht gut aus.
Der Mann der Gegenwart hat gelernt, mit seinen Gefühlen umzugehen. Tränen sind im vertraut. In aller Öffentlichkeit lässt er ihnen souverän ihren Lauf. Den unterdrückte Emotionen sind schädlich. Und es ist ja auch so traurig, dass der BVB in der Champions Leguae ausgeschieden ist.

2 Gedanken zu “Mann – sieht gut aus.

  1. „es ist ja auch so traurig, dass der BVB in der Champions Leguae ausgeschieden ist.“

    Haben Sie gewusst, wer der „Engbers-Mann“ ist?:
    „Lediglich auf den Lieferwagen ist der Engbers-Mann zu sehen: der ehemalige Fußball-Profi Thomas Hellmer, der mittlerweile als Sportmoderator arbeitet. Er ist das einzige Model und verkörpert nach Ansicht von Bernd Bosch den typischen Engbers-Kunden, den ganz normalen Mann.“
    http://www.deutschlandfunk.de/mode-fuer-muffel.1197.de.html?dram:article_id=187410
    🙂

    Engbers macht nach eigenen Angaben Mode für Muffel. Der Flyer erscheint mir der sprachlich verunglückte Versuch, die Zielgruppe des modemuffligen Mannes „zwischen 35 und 60“ irgendwie mit dem Zeitgeist zu vereinbaren. Zeitgeist bezogen auf den „modernen Mann“, der sich auch mal um das Kind kümmert oder den Abwasch macht. Doch man will es sich mit der althergebrachten Zielgruppe sicher nicht verscherzen und bleibt deshalb sprachlich lieber in der Muffelzeit.

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